Osterpfarrbrief 2020

  

Impulse zu Ostern

 

Ostern – Neu-Werden - Aufbruch

 

Wer die Grabesruhe des Karsamstags aushält, wird auch Ostern intensiver erleben können. Ostern ist die Feier der Überwindung des Todes durch das Leben. Dass Christus den Tod besiegt hat heißt auch: In uns ist das Leben stärker als der Tod. Das wirkliche Leben kann nicht mehr getötet werden.

Die Feier der Osternacht beginnt nochmals mit der Dunkelheit — ein Spiegel für die eigene Lebensdunkelheit. Und dann wird mitten in der Dunkelheit der Nacht und des eigenen Herzens ein Licht entzündet, das in alle Winkel unserer Herzen dringen und alles Finstere und Abgestorbene in uns, all unsere Ängste und Leere erhellen will. In Bildern voller Kraft und Leben besingt das Exsultet, was dieses Licht bedeutet und was es in uns in dieser Nacht bewirken will.

Im Licht der Osterkerze wird uns die ganze Geschichte der Welt und der Erlösung der Menschheit, die auch die Geschichte unserer eigenen Welt und unserer persönlichen Erlösung darstellt, nahegebracht.

Und dann erklingt nach 40 Tagen zum ersten Mal wieder das Alleluja. Im Singen können wir die Auferstehung vom Kopf ins Herz sinken und unseren ganzen Leib davon erfüllen lassen. Wir sind eingeladen zu spüren, dass der Auferstandene unter uns und in jedem/jeder von uns ist. Das Grab ist offen, Christus ist auferstanden, er steht auch mit uns auf, er geht mit uns aus unseren Gräbern. Etwas Neues kann aufblühen.

In der Eucharistie essen und trinken wir das neue Leben der Auferstehung in uns hinein. Und im gemeinsamen Mahl bezeugen wir, dass jedes Mahl uns mit dem Auferstandenen verbindet.

Ein Gang in die Natur kann uns Ostern auch in der neu blühenden Schöpfung zeigen. Die Natur ist uns nochmals Sinnbild für das Wirken Gottes an uns. Das Leben, das im Frühling neu aufbricht, wird im Herbst wieder sterben. Aber im Neuaufbrechen steckt die Verheißung eines Lebens, das nicht mehr sterben wird, die Verheißung eines ewigen Ostern.

Maria aus Magdala und die andere Maria - diese beiden Frauen kommen ganz früh zum Grab, um es nach damaligem Brauch zu pflegen. Damit wollen sie auch Jesus ehren, mit dem sie so lange unterwegs waren. Diese Frauen werden zu Zeugen der Auferstehung in einem doppelten Sinn. Sie erleben nicht die Auferstehung, aber sie sehen Zeichen, die ihnen sagen, dass etwas Außergewöhnliches geschehen ist: Die Erde bebt, ein Engel in strahlendem Gewand, leuchtend wie ein Blitz, wälzt den tonnenschweren Stein vom Grabeseingang weg und die Wächter fallen in Ohnmacht. In einem zweiten Sinne sind sie Zeugen, weil der Engel ihnen die Auferstehung verkündigt und sie auf das leere Grab hinweist. Sie sollen die Auferstehung Jesu den Männern aus der Gefolgschaft Jesu verkünden. 

Ein Bild für den Zustand unserer Gemeinden?

 

Kommt uns da etwas bekannt vor? Ist es nicht auch in unserer Gemeinde oft so, dass es überwiegend die Frauen sind, die sich sorgen und um das Gemeindeleben kümmern? Die den Gottesdienst mitfeiern? Die einer Einladung folgen?

Maria aus Magdala und die andere Maria können nicht das tun, was sie eigentlich wollten, nämlich das Grab pflegen. Jetzt geht es um etwas anderes. Der Engel schickt sie sozusagen vom Grab weg, zu denen, die durch den Tod Jesu aus der Bahn geworfen sind, von denen wir später hören werden, dass sie sich aus Angst vor den Juden hinter verschlossenen Türen verbergen. Damit soll nicht gesagt werden, dass es nicht richtig sei, die Gräber unserer lieben Verstorbenen zu pflegen. Aber wir sollten die Pflege der Gräber dort betreiben, wo sie sinnvoll ist.

Sitzen wir in unseren Gemeinden nicht zu oft an Gräbern, das heißt, schauen wir nicht zu viel zurück auf das, was nicht mehr ist, betrauern vergangene Zeiten und Zustände, die es nicht mehr gibt, statt zu den Brüdern zu gehen, wie es im Evangelium heißt, und die Botschaft von der Auferstehung und unsere Erfahrungen mit diesem auferstandenen Jesus in die Welt von heute zu tragen? Die Frauen werden nach Galiläa geschickt, dorthin, wo das Wirken Jesu den meisten Anklang fand, dorthin, wo er die Apostel berufen hat und dorthin, wohin die meisten Jünger wahrscheinlich wieder an ihre alten Arbeitsplätze, in ihr altes Leben zurückgekehrt sind. Wo ist unser Galiläa heute? Wohin schickt uns der Engel, und was sagt Jesus zu uns heute, wo er uns treffen wird?

 

Eine eindeutige Botschaft

 

Die Erscheinung des Engels und die anderen erschütternden Erfahrungen machen die Botschaft des Engels eindeutig, da ist kein Zweifel möglich. Es ist eine himmlische Botschaft.

Auch im Evangelium hören wir, dass sowohl die Begegnung mit dem Engel als auch die spätere Begegnung mit dem auferstandenen Jesus in ihrer Macht etwas Beängstigendes hatte. Sowohl der Engel als auch Jesus sagen zuerst: „Fürchtet euch nicht“. Das sagte der Engel auch bei der Verkündigung der Geburt Jesu als erstes zu Maria, und dieser Zuruf leitet fast alle Begegnungen mit einem Engel als Überbringer einer göttlichen Botschaft oder die Begegnungen mit dem auferstandenen Jesus ein. Diese übermächtige Betroffenheit, diese Furcht ist aber offensichtlich schnell der Freude gewichen, dass Jesus lebt.

Die Frauen und Männer, die mit Jesus lange unterwegs waren, die für ihn vieles aufgegeben hatten, sie freuten sich, als sie Jesus sahen. Und was er ihnen sagte, das taten sie auch und sicher taten sie es mit Begeisterung.

 

Wo liegt unser Galiläa heute?

 

Nochmal zurück zu unseren Gemeinden. Wohin schickt uns der Engel, wo kündigt Jesus uns an, dass wir ihn sehen können? Wie lautet unsere Auferstehungsbotschaft heute? Oder sind diese Zeiten vorbei, dass wir Jesus begegnen können? Wir versammeln uns, um die Auferstehung zu feiern. Können die Menschen unsere Freude spüren, mit der wir Gottesdienst feiern, beisammen sind? Sitzen wir traurig am Grab oder sind wir begeisterte und begeisternde Boten der Auferstehung? Menschen, die ein Herz haben für das, was unsere Nächsten bewegt? Die sich sozial engagieren? Von welchen Erfahrungen mit Jesus können wir sprechen? Und wenn wir zur Kommunion eingeladen sind, wenn wir dieses kleine bescheidene Stückchen Brot empfangen, ohne Erdbeben und strahlendes Gewand - erleben wir das als eine Begegnung mit dem Auferstandenen? Wir haben keinen Grund zur Furcht. Wir sind eingeladen, mit allem, was wir mit uns tragen, uns heute ganz der Freude zu überlassen mit dem, der Leid und Tod ausgehalten und überwunden hat.

An Ostern feiern wir das Fest des Lebens, das Fest des immer neuen Lebens. Auferstehung ist die ständige Verwandlung des Lebens in neues Leben. Gott schafft jeden Augenblick Neues. Wir gehen gleichsam von einem Augenblick zum andern wie durch Türen in etwas Neues.

Auferstehung ist nicht ein Ereignis erst am Ende des irdischen Lebens, sondern ist ein ständiger Prozess. Auferstehung bedeutet ununterbrochene Neuschöpfung durch Gott.

Das gibt mir unendlichen Trost. Ich werde nicht festgehalten in der Vergangenheit und im Jetzt, sondern immer kommt Neues auf mich zu, weil Gott allzeit Neues hervorbringt.

Wir feiern an Ostern den Gott des Lebens, der das Leben immerfort verwandelt und neu schafft.

 

 

Wir wünschen allen Gemeindemitgliedern der Pfarreien

Witzenhausen und Hebenshausen

ein gesegnetes Osterfest 2020 und die Erfahrung

des   Auferstandenen in ihrem Leben.

 

Ihre

 

Pfr. Hans-Jürgen Wenner               und                Justyna Be


                     


Kpl.Osterpfarrbrief 2020 als pdf


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