Weihnachten 2021

Liebe Gläubige unserer Pfarrgemeinden!

Mensch werden

Vor Weihnachten begegnet man vielen Menschen. Suchenden und Fragenden, Verwirrten und Grübelnden, Enttäuschten und Einsamen, Müden und Abgehetzten. Das fällt einem besonders zur Weihnachtszeit auf. So scheint Weihnachten nicht nur ein Fest der Freude zu sein. Gerade an diesen Tagen nehme ich besonders wahr, was uns niederdrückt. Ich möchte die nicht übersehen und vorschnell von Frieden und Freude reden. Da hätte ich Sorge, dass meine Worte bei vielen nicht ankämen. Vielleicht hilft uns eine kleine Geschichte, die den Titel trägt:

„Verzauberte Ameisen“

Die Zauberer hatten Langeweile. „Was könnten wir noch tun?“ fragten sie einander. „Etwas, was wir noch nie gemacht haben.“ Da kam einer auf die Idee: „Wir könnten doch aus unseren kleinen fleißigen Ameisen Menschen machen. Die könnten uns dann besser dienen als all das, was wir jetzt schon hergezaubert haben.“ Der Vorschlag wurde gleich angenommen. Ein Zauberspruch des Meisters genügte, und schon sahen die Ameisen wie Menschen aus.

Nur eine Schwierigkeit gab es: Das aufrechte Gehen wollte diesen Geschöpfen nicht gelingen. Sie konnten es einfach nicht vergessen, dass sie vor kurzem noch Ameisen gewesen waren. Die Furcht vor dem Stiefel, der jeden Augenblick von oben kommen und sie zertreten könnte, steckte viel zu tief in ihnen. Den Zauberern wollte das natürlich nicht gefallen. Sie schrien darum ihre verzauberten Ameisen an: „Geht doch aufrecht! Seid doch Menschen!“ Aber je lauter sie schrien, desto gebückter schlichen ihre Menschengeschöpfe dahin.

Diese Geschichte hat mit Weihnachten anscheinend nicht viel zu tun. Sie wirkt zunächst deprimierend. Zu unserem Menschsein gehören auch vielfältige niederdrückende Erfahrungen. Was niederdrückt ist oft die Erfahrung, dass man so viel wert ist, wie man leistet. Ich mag dich, solange du.....oder wenn du..... Das drückt auch mich nieder. Ich kann verstehen, dass den Ameisen der aufrechte Gang schwer fällt. Denn den Zauberern liegt nicht an den Ameisen, sondern an ihrer Schaffenskraft. Ihre Dienste sind gefragt, nicht sie.

Für manchen sieht Gott auch so aus wie die Zauberer in der Geschichte. Gott, der oben thront und von dort seine Anordnungen gibt. Gebote, Befehle, die ich zu erfüllen habe. Gott als drohender Zeigefinger. Ein solcher Gott drückt nieder, lässt einen den Kopf einziehen. Ich kann Menschen verstehen, die einem solchen Gott aus dem Weg gehen.

Weihnachten sagt aber etwas ganz anderes: GOTT WIRD MENSCH. Ein richtiger Mensch. Das heißt doch: Es gibt keine Anordnung von oben, sondern er kommt zu uns herunter. Er liebt uns so, dass er unsere Existenz, unsere Freude und Trauer, unsere Gebrechlichkeit und unser Versagen durchlebt. Das heißt auch: Ich darf Mensch sein und brauche mich meines Menschseins nicht zu schämen.

Und noch etwas. Gott kommt nicht auf die Welt in der Gestalt eines Erwachsenen, sondern als Kind. Als Erwachsener kann ich von einem Kind lernen, was Menschsein heißt. Ein Kind ist gelassen. Ein Kind kann spielen, ohne einen Zweck erfüllen zu müssen. Für ein Kind gibt es im Augenblick nichts Wichtigeres und es weiß, dass es vieles nicht kann. Es lebt aus der Gewissheit und dem Vertrauen: Was mir nicht gelingt, vollendet ein anderer.

Gott im Zeichen des Kindes. Der Anfang des Christentums steht nicht im Zeichen eines starken Mannes, der herrscht und regiert. „Ihr werdet ein Kind finden.“ Mit diesem Kind fängt grundsätzlich Neues an: Gott regiert nicht mit einem eisernen Zepter von oben herab. Er ist ganz dicht an der Seite der Menschen. Er lebt mitten unter uns. Das ist riskant, lebensgefährlich.

Jesus geht seinen Weg von der Krippe bis zum Kreuz. So gesehen, ist er im Grunde seines Herzens Kind geblieben, schwach und ohnmächtig.

Wenn wir als Christen Weihnachten feiern, orientieren wir uns an dem Gott, wie er sich in Jesus vorgestellt hat. Wir zerschlagen unsere selbst gemachten Gottesbilder. Wir lassen uns im Umgang mit den Mitmenschen anregen von einem Gott, der ganz menschlich geworden ist. Menschlicher geht es nicht.

GOTT WIRD MENSCH ALS KIND. Weihnachten eröffnet mir neue Möglichkeiten befreiter zu leben. Weihnachten gibt mir die Erlaubnis, nach dem Vorbild Jesu als Mensch zu leben. Ich darf den, der Mensch wurde, als meinen Freund und Begleiter in mein Leben aufnehmen.

So wünschen wir Ihnen und Ihren Familien und Freunden

„FROHE UND GESEGNETE WEIHNACHTEN“

UND EIN GESEGNETES UND GESUNDES NEUES JAHR 2022

Danke für all Ihren persönlichen Einsatz im Dienst in den Pfarreien St. Joseph, Hebenshausen – Zum göttlichen Erlöser, Witzenhausen und St. Bonifatius, Bad Sooden-Allendorf.

Möge Sie und Ihre Angehörigen das Kind in der Krippe durch seine Menschwerdung mit allem Weihnachtssegen erfüllen, dass Sie weiterhin treue Zeugen seiner Botschaft vom Reich Gottes bleiben.

Ihr Pfarrer

Hans-Jürgen Wenner

Ihre Gemeindereferentin

Justyna Beer


Kpl.Weihnachtspfarrbrief 2021


Gleichbleibende Gottesdienste in unserer Gemeinde

Donnerstag
17.30 Heilige Messe
Samstag
18.00 Uhr Hochamt der Gemeinde

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