Deklamationen zu "Die heilige Elisabeth" von Pfr. Winfried Abel
Elisabeth von Thüringen
Deklamationen zum Oratorium von Heinrich Fidelis Müller
von Winfried Abel
P r o l o g
Laßt uns preisen im Lob
heute Elisabeth!
Rühmt ihr herrliches Los,
rühmt ihren hohen Mut!
Glühen muß uns das Herz,
wenn wir im Lied erhöh`n
Sieg und Krone der edlen Frau.
Groß von hoher Geburt,
Fürstin von edlem Stamm,
leuchtend strahlt ihr Gewand,
das ihr die Gnade wob.
Anmut zeichnet sie aus,
Schönheit und edler Sinn:
Gott gehört ihre Seele ganz.
Liebe lenkt ihren Weg,
öffnet ihr Herz und Hand.
Reichlich spendet sie aus,
Hungrigen reicht sie Brot,
Kranke richtet sie auf,
kleidet die Nackten ein:
Christus dient sie wie eine Magd.
Standhaft trägt sie den Haß,
gibt sich der Bosheit preis.
Einsam steigt sie hinab,
schreitet durch bittre Not.
Freudig bringt sie ihr Lob
Christus, dem Herrn der Welt,
gibt ihr Leben aus Liebe hin.
Höre, ewiger Gott,
höre auf unser Lob.
Gnädig blicke uns an,
führe uns hin zu dir.
Laß uns jubelnd im Chor
singen das neue Lied
dir, dem Herrn aller Welt und Zeit.
1. Gottesliebe
Elisabeth!
Dein Name leuchtet wie Rubin,
wie eine aufgeblühte Rose,
gerötet von der Glut der Liebe,
belebt vom Blut der Gottesleidenschaft.
Verheißungsvoll bist du wie Morgenlicht.
Du trägst den Namen "Hoffnung":
Hoffnung für eine hoffnungsarme Welt,
für die vom Tisch des Reichen
kaum eine Krume fällt.
Hoffnung für alle Armen und Gebeugten,
die Jesus
seine Lieblinge und Freunde nennt:
für Lazarus,
dessen Geschwüre
den Hunden
und auch Gott
nicht lästig sind;
für Bartimäus,
der als Blinder bettelnd
am Wegesrand um Heilung ruft;
und für die ausgezehrte Menge,
der Jesus in der Wüste
sich als Brot verpfändet. -
Elisabeth!
Dein Adel ist nicht Geld,
nicht Spangen oder Kleider,
nicht Privileg noch Macht,
nicht Zinne, Burg und Schloß.
Das Sinnbild deiner Hoheit
ist die Güte,
das tiefgebeugte Knie,
der demutsvolle Dienst.
Wer herrschen will,
muß dienen wollen.
Wer eine Krone trägt,
der kann sich nicht mehr bücken.
Du legst der Menschen Machtgepränge ab.
Das Glittern ist dem hellen Glanz im Wege,
der still verborgen in dir strahlt.
Dein Kleinod ist das Kreuz:
dort findest du die Perle,
die du so lang gesucht.
Dort ist dein wahrer Bräutigam verherrlicht,
der dich geschmückt
wie eine Königin. -
Die Menschen gaffen
und begreifen nicht.
Sie sehen eine Königstochter
Wolle spinnen -
wie eine Magd. -
Du lächelst still;
denn das Geheimnis kann nicht fassen,
wer Jesus nicht so liebt
– wie du!
2. Rosen
Elisabeth!
Du sahst den Herrn als Gärtner
wie einst Maria Magdalena
unter Bäumen
vor dem leeren Grab. -
In unsrer fluchbeladenen Welt,
in der seit Adams Sündenfall
nur Dornen oder Disteln wachsen,
vermag der Mensch
im Schweiße seines Angesichts
das Brot mit Mühe nur
dem Boden zu entwinden.
Die Wüste bleibt,
der Steine sind zu viel. -
Wo ist der Gärtner,
der sich unsrer müden Erde
wieder erbarmt,
der aus dem rauhen Acker dieser Welt
wieder den Unschuldsgarten schafft?
Wo ist das Werkzeug,
das in wirrer Wüstenei
das Unkraut jätet,
das uns fast erstickt? -
Es gibt nur e i n Gerät,
das tauglich ist:
die Kreuzes-Harke.
Es gibt nur e i n e n Gärtner,
der sie führen kann:
der Kreuzes-Mann.
Wo diese Harke furcht,
wo dieser Gärtner sät,
dort blühen Rosen. -
Elisabeth!
Du hörst des Gärtners Ruf:
"Komm, arbeite in meinem Garten!
Ich geb dir mein Gerät,
nimm`s willig auf!" -
Und du umarmst das Kreuz.
Du eilst, es zu gebrauchen,
hinunter auf den Acker dieser Welt.
Dornen und Disteln hat's genug
in Eisenach, in Marburg, -. vielerorts.
Du gehst ans Werk.
Und dann geschieht das Wunder:
Rosen erblüh`n!
Wo deine Segenshand
die Wunden heilt
und die Gebeugten tröstet,
dort weicht die Wildnis jäh zurück.-
Wer Gutes tut, pflanzt einen Rosengarten...
3. Nächstenliebe
Elisabeth!
Selig die Augen,
welche sehen, was du siehst!:
im Armen - den Beschenkten,
im Kranken - deinen Arzt,
im kleinsten Knecht - den Herren,
im Niedrigsten - den Gott,
in Stumpfheit - hellen Glanz,
im Tod - den Überwinder,
im Sterben - Auferstehn!
Elisabeth!
Selig deine Augen,
die wie ein Spiegel sind!
In ihnen schaut uns Jesus an
mit seinen Augen
voll Barmherzigkeit.
Du siehst,
wo andre Böses sehn,
nur Gutes.
Ob deine Augen weinen oder lachen,
sie künden immer Freude.
Selbst deine Tränen
kennen keine Traurigkeit;
denn wo der Herr ist,
dort ist Grund zur Freude.
So teilst du selbst mit leeren Händen aus,
füllst andre leere Hände,
strömst von Liebe über
und bleibst dabei so unversiegbar
wie einst das Ölgefäß
der armen Witwe.
Dir ist das Leben wert,
wenn andre leben.
Dein Trost ist`s,
andere zu trösten;
und deine Freude,
andre zu erfreuen.
Wer sich verzehrt wie du,
gleicht einer Kerze,
die sterbend
hell erstrahlt
und viele Lichter zündet.
4. Abschied
Elisabeth!
Du bist ein Zeichen.
Der Herr hat dich bestellt,
den Bund zu leben,
den er selber schloß
am Anfang aller Zeit:
Mensch und Gott vereint
sollen auf ewig unzertrennlich sein.
Darum gab er dir den Mann zur Seite,
der Inbild war
für deinen wahren Bräutigam.
Die Liebe, die er dir geschenkt,
war dir ein Spiegel göttlicher Vertrautheit.
In deinem Herzen wurde angezündet
ein Feuer,
das wie eine Lohe war:
für einen Menschen fast zu viel,
für Gott
ein zukunftsweisender Beginn.
Drum nahm er dir den Mann,
der dir der liebste war,
um dich zu führen
an das Meer der Liebe,
und an den Ufern deiner Sehnsucht
dich zu füllen
mit Gaben,
die dein Herz nicht ahnen konnte. -
Abschied begleitet dein und unser Leben
gleich einem Dauerschmerz.
Die Tür schlägt zu,
und ganz verstohlen
öffnet der Herr dir eine neue Pforte.
Wohl dem, der sie beschreitet! -
Wo Gott von dir genommen, was dir lieb,
legt er in dich
die Fähigkeit zum Größten.
Dein kleines Herz gestaltet er zu seinem,
dein kleines Leben
formt er in sein Leben um.
Wem das geschah,
+ der ist sich selbst gestorben:
sein Leben findet er in dem,
# der Leben ist. -
Wie eine Braut,
die sich dem Bräutigam vermählt,
bist du, Elisabeth, dir selbst genommen.
Und der, der dich zum Eigentum erwählt,
will nun durch dich
zu uns, den Ärmsten, kommen.
•
5. Abstieg
Elisabeth!
Du hast die Heimatlosigkeit gewählt
als neue Heimat.
Als dir der Mann gestorben,
war die Welt dir tot,
selbst deine Kinder
waren dir wie Fremde.
Wer einmal Abschied nimmt wie du,
tut es für immer.
Von nun an ist dein Leben
nur noch ein Abschiednehmen.
Selbst Bande der Familie
können hindernd sein,
wenn Gott beruft.
Dich hat er einst betört,
du ließest dich betören.
Wirst du es je bereu'n? -
Der laute Lärm des Hofes,
der Minnesänger Lied,
flüchtige Freuden,
Schmuck und Prachtgewänder
vertauschst du gegen Armut,
Heimatlosigkeit.
Du steigst von hoher Warte,
tauchst in bittres Menschenelend ein.
Dem Volke wird die Landgräfin genommen,
den Armen
eine Helferin geschenkt.
Das Feuer von Assisi
hat auch dich erfaßt
und deine Seele hell entflammt. -
Nun mag dein Leben schnell verglühen.
Wer so geliebt wie du,
wird nie bereu'n,
daß er ein Streichholz war
in Gottes Hand.
Ein kleines Flämmchen nur
setzt alle Welt in Brand.
6. Am Grab
Elisabeth!
An deines Mannes Totenbahre
studierst du die Vergänglichkeit.
Was du an ihm bewundert,
das ist hin;
was du an ihm geliebt,
das bleibt dir wohlverwahrt.
Die Totengruft birgt,
was vergänglich war.
Die Trauerglocken
und der Chor der Mönche
können den Osterjubel
nicht ersticken:
"Surrexit Christus!":
er ist auferstanden
und führt im Siegeszug
die Losgekauften mit.
Das Blut des Lammes
schuf Versöhnung,
es ist auch deines Mannes Lösegeld.
Der dir als Gatte ist vorausgegangen,
bleibt dir als Bruder
Seit an Seit.
Denn auch der
Tod kann nicht die Bande brechen,
die Gottes Liebe segnend knüpft.
Vergängliches vergeht,
die Liebe bleibt.
Hineingesenkt in Gruft und Grotte
wird wie ein Samenkorn der Leib
und harrt der Auferstehung.
Durch trübe Gärung
geht ein jeder Wein,
und alles wird am Ende
herrlich sein.
7. Heimgang
Elisabeth!
Nun ist dein Lauf vollendet! -
Von Ungarn gingst du aus
als Königstochter.
Die Menschen planten
Menschliches mit dir.
Nun bist du jene Königstochter,
die der Psalm besingt:
du neigst dein Ohr,
verläßt dein Vaterhaus;
der Königssohn
verlangt nach deiner Schönheit.
Du folgst dem Ruf,
nichts hält dich auf.
Die Schmerzen,
die den Körper dir zerbrechen,
sind lediglich
die Trümmer-Schläge
auf den Alabasterkrug, -
bis er zerspringt.
Nun fließt die teure Narde
und füllt das ganze Haus
mit ihrem Duft. -
Wer hätte je gedacht,
welch eine Fülle du gefaßt!
Noch heute strömt
von deinem Leben Liebe aus.
Wenn du so jung an Jahren stirbst,
dann nur,
um uns als Mutter nah zu sein,
denn unsre Not ist groß.
Wir sind ein Volk,
das keine Mütter hat.
Wer will auch heute noch
von hoher Wartburg steigen? -
So neige dich uns zu,
füll unsre leeren Krüge wieder an,
still unsern Hunger,
heile unsre Wunden!
Elisabeth!
Dein Name ist vor Gott
wie ein Gebet:
in ihm laß uns gesunden!
© Bistum Fulda